Auf den Bildern der Medien dieser Tage, die über das Ende der Diktatur jubelnde Menschen aus Syrien zeigen, ist ihre Erleichterung deutlich erkennbar. Endlich, endlich ist eine schreckliche und finstere Nacht vorüber, unter der Tausende furchtbar gelitten haben. Ca. 14 Millionen Menschen, die Hälfte der Bevölkerung, mussten ihre Häuser verlassen, viele Tausende sind gestorben. Es bleibt die bange Frage: Was bringt die Zukunft?
„Pilger der Hoffnung“, so hat Papst Franziskus das Heilige Jahr überschrieben, das am Heiligen Abend mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom beginnt. Alle 25 Jahre wird dieses Jubiläum gefeiert und lädt die Gläubigen ein, neu aufzubrechen und ihr Glaubensleben zu überdenken. Diese Jubiläen sind in der biblischen Tradition auch ein Auftrag, die Gerechtigkeit wiederherzustellen und alte Schuld zu erlassen, um in den persönlichen Beziehungen und im Zusammenleben der Gesellschaft wieder neu anzufangen.
Möge es den Syrern – auch mit Hilfe der Völkergemeinschaft – gelingen, einen wirklichen Neuanfang zu verwirklichen und nicht in einen Kreislauf von Rache und neuer Gewalt zurückzufallen. Das Jubiläum 2025 ist auch für alle ein Anlass, im eigenen Umfeld Neuanfänge zu wagen und Verstrickungen von Schuld und Versagen abzulegen. Vergebung ist eine großartige Geste der Hoffnung, dass etwas Neues möglich ist. Vor 80 Jahren wurde dies 1945 von verschiedenen Seiten auch unserem Land geschenkt. So wurde ein Neuanfang möglich, der auch mit manchen Tiefen als gelungen bezeichnet werden kann und eine nie dagewesene, lange Epoche der freiheitlichen Demokratie einleitete. Möge dies für das geliebte Syrien, ein Land mit einer Jahrtausende langen Geschichte und Kultur, möglich werden. Das ist eine Hoffnung, die Unterstützung braucht.
Weihnachten ist so sehr ein Neuanfang, dass es unsere Zeitrechnung prägt: die Welt rechnet die Zeit nach Christi Geburt. Es ist das Jahr 0, eine neue Geschichte beginnt. Jedes Jahr ist Weihnachten ein Neuanfang, eine Art Jahr 0 und ein Aufruf, alte Lasten abzulegen und neu aufzubrechen. Pilger der Hoffnung glauben an das Gute, dass sich alles verändern kann. Weihnachten kommt Gott in die Welt und sagt uns: Das Schicksal der Welt ist nicht die Katastrophe, sondern das Heil und der Frieden. Er kommt als einer von uns, um unser Leben zu teilen, mit uns zu gehen als Pilger der Hoffnung und zu sagen: Eine neue Erde und ein neuer Himmel sind möglich. Bei den Weihnachtsmählern der Gemeinschaft Sant’Egidio in der Marienkapelle und an anderen Orten feiern Bedürftige mit Ehrenamtlichen zusammen in einer großen Familie, die keine Trennungen kennt. Diese Feste bringen diesen Traum und die Hoffnung zum Ausdruck: Eine Menschheitsfamilie, die in Vielfalt und zugleich in Einheit friedlich vereint ist. Das ist mein Weihnachtswunsch: Möge dieser Traum im Heiligen Jahr 2025 ein wenig mehr Wirklichkeit werden.
Stellv. Dekan Dr. Matthias Leineweber