Dabei hat man zum eigenen Geburtstag gar nicht viel beigetragen, außer der Mutter Schmerzen zu bereiten und zu schreien. Und war man vor der Geburt etwa nicht da? Mit eigenem Kreislauf, eigenem Schlafrhythmus, mit Getrampel und Gezappel, mit Daumenlutschen und Drehungen, solange es noch ging. Keiner weiß genau, wann das Schmerzempfinden begonnen hat, wann genau das Herz zu schlagen begann, wann die einzelnen Organe ihre Funktion aufgenommen haben, wann genau das Leben begonnen hat und wann und in welcher Situation die Zeugung stattfand.
Deshalb wird dieser Moment weder gefeiert noch an ihn gedacht, weil er einfach unbekannt ist, obwohl da schon ganz anfänglich und zart das eigene Leben begonnen hat. Wenigstens bei Jesus Christus kann es die Kirche richtig machen. Das große Mysterium, dass Gott in Jesus Mensch geworden ist, um bei den Menschen zu sein und sich mit der Menschheit zu verbinden und sie auch noch zu erretten, beginnt beim Besuch des Erzengels Gabriel bei Maria, wo er ihr die kommende Schwangerschaft ankündigt. Genau neun Monate später wird Jesus in Bethlehem geboren. Größer als Weihnachten müsste also das Fest der Verkündigung am 25. März sein, so jedenfalls in der Tradition der orthodoxen Kirche. In Griechenland kommt noch der Nationalfeiertag dazu, der an den Beginn des Aufstands gegen die osmanische Regierung erinnert. Doch vermutlich blieb das kirchliche Fest in Deutschland auch in diesem Jahr weitgehend unbemerkt, offensichtlich so wie bei jedem zart beginnenden Menschenleben.
Leider wurde in diesen Tagen gemeldet, dass im vergangenen Jahr die Abtreibungen wieder weit höher als in den letzten 10 Jahren liegen. Mitten in vieltausendfach aufkeimendes wachsendes Leben bricht der Tod, und einen Geburtstag werden diese Menschlein nie feiern können. Sollen Geburtstage und Weihnachten ruhig mit großem Pomp und Luxus gefeiert werden, aber das Bewusstsein und die Dankbarkeit für den Beginn des Lebens sollten nicht vergessen werden.
Martinos Petzolt, Erzpriester