Die Grenze beschreibt in diesem Kontext ein Drinnen und ein Draußen. Abgrenzen und Ausgrenzen passen gut in diesen Zusammenhang. Darüber hinaus schwingt auch der Gedanke von Sicherheit und Absicherung mit, wenn Mauern und Grenzzäune ausgebaut und Grenzkontrollen verstärkt werden. Da gibt es keine Lücken und keine Schlupflöcher mehr.
Bei allem Verständnis und gewiss auch mancher Notwendigkeit dieser Maßnahmen sind und bleiben sie im mitmenschlichen Sinne ein Grenzgang. Wie gehen wir damit um, wenn Menschen unserer Hilfe bedürfen? Wie wird sichtbar, dass wir solidarisch sein wollen - mit Geflüchteten, mit Schutzsuchenden, mit Menschen, die uns brauchen? Sind da eine höhere Mauer oder ein blickdichter Zaun wirklich Lösungen oder eher Teil des Problems?
Der Theologe Paul Tillich hat einmal gesagt: „Die Grenze ist der eigentliche Ort der Erkenntnis“. Das bedeutet, Grenzerfahrungen weiten den Horizont und machen neue Perspektiven sichtbar. Erfahrungen an der Grenze können Unerwartetes, Herausforderndes und auch Schmerzliches bereithalten.
Bei allem Wunsch nach Sicherheit kommt es nicht weniger darauf an, den einzelnen Menschen mit seiner Geschichte und seinem Schicksal wahr- und ernstzunehmen. Um Lücken und Schlupflöcher für Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe offen zu halten. Und um unsere Herzen nicht einzuzäunen und einzumauern.
Diese Erkenntnis kann ein Gegenpol zu den Schlagzeilen der letzten Wochen sein.Denn als Christen ist uns die grenzenlose Liebe Gottes zugesagt. Wie käme ich dazu, diese anderen zu verweigern?
Ihr
Thorsten Seipel, Pastoralreferent
Ehe- und Familienseelsorge Aschaffenburg