Evangelium
In jener Zeit fragten die Leute Johannes den Täufer: Was sollen wir also tun? Er antwortete ihnen: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso!
Es kamen auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und fragten ihn: Meister, was sollen wir tun? Er sagte zu ihnen: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist! Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen denn wir tun? Und er sagte zu ihnen: Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold!
Das Volk war voll Erwartung und alle überlegten im Herzen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Christus sei. Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Schon hält er die Schaufel in der Hand, um seine Tenne zu reinigen und den Weizen in seine Scheune zu sammeln; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.
Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk und verkündete die frohe Botschaft.
Lukasevangelium 3,10–18
Vor einiger Zeit hat Schwester Jordana Schmidt ein Video bekommen. Ein Bekannter hatte es ihr auf das Smartphone geschickt. Zu sehen war ein Baby, das lachte, kicherte und gluckste. „Da musste ich richtig mitlachen“, sagt sie. So zu lachen, lauthals und mit vollem Herzen, das passiert ihr selten. „Ich habe eher eine stille Freude. Aber ich beneide Menschen, die das können“, sagt die Dominikanerin.
Der dritte Advent ist der Gaudete-Sonntag. An diesem Tag dreht sich in den Lesungstexten alles um die Freude: „Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! Freu dich und frohlocke von ganzem Herzen“, heißt es in der ersten Lesung. Oder in der zweiten: „Noch einmal sage ich: Freut euch!“
Doch wie kann es uns gelingen, uns zu freuen – und uns leichter zu fühlen, trotz all der persönlichen Sorgen und der Nöte in der Welt?
„Es ist nicht die Lust am Lachen, die den Leuten vergeht“, sagt Schwester Jordana. Vielmehr sei ihnen oft schlicht nicht danach zumute – wegen der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, der Wahl von Donald Trump, dem Erstarken von extremen Parteien. Und auch die persönlichen Sorgen drücken oft schwer: Streit in der Familie, Trennungen, Krankheit, der Verlust von lieben Menschen.
„Traurigkeit ist die schlechteste Lösung, etwas zu ändern“
„Wir dürfen zu den großen wie auch den kleinen Krisen in unserem Leben auch mal ein Stück Abstand nehmen“, sagt Schwester Jordana. In den vergangenen Monaten denkt sie oft an eine Freundin, die im Libanon lebt. Ihr Haus ist kürzlich bei einem israelischen Bombenangriff beschädigt worden. „Das macht mich traurig und ich mache mir Sorgen. Aber ich kann von hier aus nicht viel tun“, sagt sie. Sie könne der Freundin schreiben, ihr Mitgefühl zeigen und hoffen, dass sie in Sicherheit ist: „Aber sie hätte nichts davon, wenn ich die ganze Zeit traurig wäre. Traurigkeit ist die schlechteste Lösung, etwas zu ändern.“
Die Ordensfrau war acht Jahre Kinderdorfmutter und lebt heute mit zwei Mädchen in einer sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft in Krefeld. Die Unbefangenheit, die uns Erwachsenen manchmal fehlt und die verhindert, dass wir uns freuen, entdeckt sie bei ihren Kindern. „Das können wir uns von ihnen abschauen“, sagt sie. „Die leben ganz im Hier und Jetzt.“
Genau das ist ein Tipp für die Adventszeit: Wir dürfen die Krisen in der Welt nicht vergessen, aber hin und wieder dürfen wir sie beiseiteschieben. „Wenn meine Mädchen zu Nikolaus eine Süßigkeit geschenkt bekommen, dann finden sie das einfach toll und freuen sich“, sagt Schwester Jordana. Sie würden nicht darüber nachdenken, was gewesen ist oder was die Zukunft bringt: „Das ist die Kunst: Im Jetzt leben. Das sagt auch unser Glaube: Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde.“ Das zu lernen und sich bewusst zu machen, sei christlich.
Schwester Jordana hilft es, sich bewusste Auszeiten im Alltag zu nehmen. Dann trifft sie sich mit Freunden, ist mit den Kindern im Park oder fährt Rad. „Da habe ich hundert Glücksmomente: das schöne Blatt, die Herbstfärbung der Bäume, das Schwanenpaar auf dem See, ein Pärchen auf einer Bank oder Kinder, die spielen“, sagt sie. Diesen Blick für das kleine Schöne hat sie sich bewahrt – und gibt ihn auch an die Kinder weiter. „Wir freuen uns gemeinsam und lassen uns nicht ablenken vom nächsten Termin oder von all dem, was noch erledigt werden muss.“
Genauso freut sie sich an der Freude der anderen. Gerade die Adventszeit lade dazu ein, anderen zum Beispiel etwas zu schenken. Ein Fensterbild ist schnell gebastelt, Kekse sind rasch gebacken. „Das können wir an unsere Nachbarn verschenken. Ich liebe es, anderen eine Freude zu machen“, sagt Schwester Jordana.
Eine Muskelübungfür trübe Tage
Ebenso hilft ihr das Gebet. „Wenn ich spazierengehe und ganz bewusst auf mich und meine Umwelt achte, ist das gleichzeitig auch ein Gebet. Ich werde mir dann bewusst, wie gut es mir geht, wie sicher ich lebe. Und ich bin dankbar dafür“, sagt sie. „Das ist ein richtiges Glücksgefühl – und diese Freude werfe ich an den Himmel.“
Doch was ist, wenn ein Lächeln nicht gelingen will? Wenn die Tage nur noch dunkel sind? Wenn der Stress stetig zunimmt und wir uns überfordert und wütend fühlen? Solche Tage kennt auch Schwester Jordana. Ihr Tipp: eine kleine Übung. „Wir müssen uns ja nicht vor Lachen auf den Boden werfen, schon ein kleines Lächeln bewirkt, dass Glückshormone freigesetzt werden“, sagt sie. Sie nimmt sich das dann manchmal bewusst vor und zieht einfach ihre Mundwinkel nach oben, zwei oder drei Minuten lang. „Das ist nur eine Art von Muskelübung, aber sie wirkt. Und ich merke, wie sich meine Stimmung hebt.“
In den schwierigen Zeiten, wenn es uns nicht gutgeht, können wir so bewusst einen Gegenpol setzen: achtsam sein, uns Auszeiten nehmen – und das Lachen trainieren. Gerade in den letzten Wochen der Adventszeit können wir das doch üben. Schwester Jordana sagt: „Es nutzt nichts, wenn ich miesepetrig bin. Das ändert an der Situation nichts. Die Welt kann nur besser werden, wenn wir ein bisschen Fröhlichkeit hineinbringen – trotz allem.“ Und gerade rechtzeitig zu Weihnachten.
Kerstin Ostendorf
Zur Person
Die Dominikanerin Schwester Jordana Schmidtist gelernte Kinderkrankenschwester, Diplom-Heilpädagogin und System- und Familientherapeutin. Sie lebt in einer Sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft mit zwei Kindern in Krefeld.