Evangelium
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt.
Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?
Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.
Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.
Johannesevangelium 6,51–58
„Unsere Kinder sind schuld“, sagt Christine Eberth-Booms. Denn als die klein waren und die Familie ein für sie passendes kirchliches Angebot suchte, stieß sie auf eine wöchentliche Familienmesse in einer kleinen Kapelle in Bad Kissingen. Musikalisch wurde sie von verschiedenen Menschen gestaltet. „Wir dachten irgendwann: Da können wir auch etwas dazu beitragen.“
Und dann trafen sie auf einen Gemeindereferenten, der Lobpreismusik ins Spiel brachte. „Das sogenannte neue geistliche Lied ist ja auch mal alt geworden, da wollten wir etwas anderes probieren“, sagt Christian Booms.
Bekannt ist die Lobpreismusik aus freikirchlichen Gemeinden und den USA. Sie verbindet moderne Rhythmen der Popmusik mit modernen Texten, in denen es um das Lob Gottes geht, um „Halleluja“ und „Preiset ihn!“, aber mindestens genauso sehr um die Nähe Gottes in schweren Zeiten. „Lobpreismusik hat auch ihre dunklen Seiten“, sagt Christian Booms. „Es ist nicht immer alles Ekstase.“
Ihre Kinder sind längst groß, aber Lobpreismusik machen sie immer noch. Mit ihrer Band, die sich „Grace“ nennt, Gnade. „Wir proben jede Woche im Gemeindehaus“, sagt Christian Booms. „Und wir spielen bei vielen Gelegenheiten, zum Beispiel bei Taufen, Hochzeiten oder Kommunionen.“ Und beim Lobpreis-Gottesdienst, der alle vier bis sechs Wochen stattfindet.
An diesem Samstagabend sind etwa dreißig Menschen zwischen Kindergarten- und Seniorenalter in den Pfarrsaal gekommen. „Die Konkurrenz ist diesmal groß“, hat Christine Eberth-Booms schon im Vorgespräch angekündigt. Die schwüle Hitze hält manchen zu Hause, der „Kissinger Sommer“ bietet ein hochrangiges Konzert und ein bekannter Kabarettist aus der Region tritt auch auf. „Aber wir machen es für die, die kommen.“
Ein Glas Wasser vorher, ein kleines Buffet für nachher
Schon beim Ankommen ist die Atmosphäre anders als beim Vorabendgottesdienst in der Kirche. Jeder Gast wird persönlich begrüßt, ein paar Worte werden gewechselt: Vielleicht noch ein Glas Wasser bei Hitze? Und wo kommen Sie her? Hinten im Pfarrsaal ist schon ein Tisch mit kleinen Leckereien aufgebaut. „Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt“, wird Christine Eberth-Booms am Ende sagen. Passend zum Sonntagsevangelium.
Sie leitet den Wortgottesdienst. „Inhaltlich gehen wir immer von den Sonntagslesungen aus“, sagt sie, „meist vom Evangelium“. Manchmal würden sie den Text vorher in ihrem Hauskreis besprechen, dann gehen viele Gedanken und Anregungen in die Feier ein.
Es beginnt, klar, mit einem Lied. Keyboard, Gitarre, Bass, zwei Flöten, Gesang. Die Texte werden groß an die Wand projiziert, so braucht man weder Brille noch Liederzettel. „Viele der Texte bewegen mich“, sagt Eberth-Booms. „Sie sprechen meine Sprache.“ Sie sprechen auch eine einfache Sprache, jeder kann mitsingen, selbst Kinder, die gerade erst lesen gelernt haben. Sätze wiederholen sich, auch für Neulinge kein Problem.
Inzwischen gibt es ein reiches Repertoire an Lobpreisliedern – einige aus dem Englischen übersetzt, andere aus der deutschsprachigen Szene. „Manchmal schreiben wir bekannte Popsongs minimal um“, sagt Christian Booms. „Das sind ja meist Liebeslieder, da ist der Weg nicht weit zur Liebe Gottes.“ Beide finden es wichtig, die Menschen bei der Musik abzuholen, die sie auch sonst hören und mögen. „Der Glaube soll nicht abgekoppelt sein vom sonstigen Leben“, sagen sie.
Beim zweiten Lied stehen die ersten Mitfeiernden auf. Halleluja, ein Lob auf unseren Retter. Erzwungen wird das aber nicht, andere bleiben einfach sitzen. „Beim Lobpreis-Gottesdienst kann der ganze Körper mitmachen“, sagt Eberth-Booms. Die Hände, die Arme, die Beine. Es kann getanzt werden, Tücher können geschwenkt werden. Oder auch nicht, ganz, wie man will.
Teil der Pfarrei – auch wenn manchmal Gegenwind bläst
Die Gruppe Grace ist Teil der katholischen Gemeinde. „Wir sind froh, dass unsere Pfarrer ermöglicht haben, Lobpreis-Gottesdienste zu feiern“, sagt Christian Booms. Sie alle seien ein paarmal dabei gewesen, um zu sehen, was da gemacht wird, „und seitdem gestalten wir den Gottesdienst zu hundert Prozent selbst.“
Trotzdem gefällt nicht jedem, dass es so ein Angebot gibt. „Wir haben auch schon viel Ärger gehabt“, sagt Booms. „Wenn es uns nicht so wichtig wäre, hätten wir schon längst aufgehört.“ Es gehe nicht so sehr um Konkurrenz bei den Teilnehmerzahlen, ergänzt seine Frau. „Es geht mehr darum, dass für manche alles so bleiben muss, wie es ist, und dass nichts Neues gewünscht wird.“ Dabei sei es doch offensichtlich, dass die Kirche neue Inspiration und Spiritualität brauche.
„Wir gehen regelmäßig auf Lobpreis-Festivals oder Kongresse“, sagt Christian Booms. „Da kann man sehen, wie die Leute begeistert vom Glauben und von Gott sind, wie auch Jugendliche richtig abgehen.“ Solche Treffen, sagt seine Frau, „sind meine Tankstelle, da komme ich jedes Mal beschenkt und bereichert zurück.“ Bereichert im Glauben, bereichert in der Beziehung zu Gott.
Mit ihren Lobpreis-Gottesdiensten will das Ehepaar diese Begeisterung in der Region weitertragen. Damit Menschen, die nach spirituellen Impulsen suchen, aber mit der klassischen Gemeindemesse nicht viel anfangen können, eine Alternative haben. „Etwas Ähnliches gibt es hier in der Nähe sonst nicht“, sagen sie. Am liebsten würden sie den Gottesdienst noch häufiger anbieten, sagen beide. „Aber mehr ist einfach nicht leistbar. Der Aufwand ist schon sehr groß.“ Auch an diesem heißen Samstag, an dem der Aufbau um 16 Uhr begann, werden sie nicht vor halb zehn zu Hause sein.
Information und Kontakt: www.grace-badkissingen.de
Susanne Haverkamp