Die großen Erzählungen unserer christlichen Tradition handeln immer auch von Entscheidungen, angefangen von der Frucht vom Baum der Erkenntnis im Paradies. Sich entscheiden zu können, gehört zu unserer menschlichen Freiheit. Und es hat, so sagt die Bibel, immer Konsequenzen, wie ich mich entscheide.
„Siehe, hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor.“ (Dtn 30,15) - vor diese Entscheidung wird das Volk an der Schwelle zum gelobten Land gestellt. Keine Frage, wie ich mich da entscheide, sollte man meinen! Aber es geht um den Bund mit einem Gott, dessen Gebote für Gerechtigkeit, Respekt und gutes Leben stehen. Und das ist eine Verheißung und eine Verpflichtung zugleich. Die Verantwortung, sich im eigenen Leben und in der Öffentlichkeit, sonntags wie werktags dafür einzusetzen, dass die Gebote der Mit-Menschlichkeit eingehalten werden, dass Recht nicht mit Füßen getreten wird, dass Schwache geschützt werden, dass gutes Leben möglich wird - für Einheimische und Fremde, auch für Menschen in anderen Teilen der Welt, auch für unsere Nachkommen, für die ganze Schöpfung. Diese Verantwortung kann schwer wiegen - für diejenigen, die in der Regierung sind, letztlich auch für jede:n einzelne:n. Denn das ist unsere Freiheit: zu entscheiden, welche Werte uns wichtig sind, in welcher Welt wir leben wollen. Mit aller Konsequenz.
Mit der Bundestagswahl am morgigen Sonntag werden wichtige Weichen gestellt; alle Wahlberechtigten sind aufgerufen, diese Verantwortung wahrzunehmen.
Aber damit wird es nicht getan sein; auch übermorgen muss ich mich wieder entscheiden: beim Einkaufen, bei der Wahl meiner Informationskanäle, bei der Art und Weise, wie ich meine Mitmenschen anschaue und mit ihnen rede. Immer wieder. Und jede Entscheidung hat Konsequenzen. Das ist mühsam, aber es macht unsere Freiheit als Menschen aus. Gott traut uns das zu: „Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen.“ (Dtn 30,19)
Dr. Ursula Silber, Leiterin der Erwachsenenbildung im Martinushaus Aschaffenburg