Ich mag die Kolumnen von Thomas Poppe im Main-Echo. Diese Woche mit der Überschrift: „Trump da, Ampel weg“. Der 6. November könnte sogar – in Anbetracht der politischen Umbruchzeit, in der wir leben, einmal zu einer beliebten Abfrage-Frage für den Geschichtsunterricht werden. Und die richtige Antwort wäre eben dann „Trump da, Ampel weg“. Und, so schreibt Poppe weiter: „keine Ahnung, wo das hinführen wird, wenn sich aber nicht bald etwas an der Art ändert, wie Politik gemacht wird, sehe ich schwarz.“ Ich bin da emotional auf einer ähnlichen Spur wie Herr Poppe. Jedoch stellt sich mir die Frage, wohin mich das bringt?
Viktor E. Frankl, jüdischer Arzt und Überlebender von vier KZs hat diesen Sinnfragen eine ganz andere Richtung gegeben. Er widerspricht der häufig vorfindbaren Neigung des Menschen nach dieser Frageform: Warum ist das so? Frankl dreht das Ganze um; er ist der Überzeugung, dass das Leben dem Menschen Fragen stellt. Der Mensch habe nicht zu fragen, sondern er sei der vom Leben Befragte, der dem Leben zu antworten habe.
Diese Wendung führt zu einer Lebensführung, in der ich Antworten auf die Fragen finden muss, die das Leben mir stellt. In diesem Konzept werde ich in meiner Freiheit, aber auch in meiner Verantwortung ernst genommen. Ich kann das nicht mehr auf „die da oben“, wo auch immer und wer auch immer das sein mag, abschieben.
Damit ändere ich natürlich nicht die politische Situation in unserem Land. Aber es sensibilisiert mich für die mich angehenden Fragen. Mit dem, wie ich auf die existenziellen Fragen, die das Leben mir stellt, antworte, zeige ich aber auch, wer ich bin. Dieses "wie" ist dann mein persönlicher „Fingerabdruck“ in dieser Welt. Dadurch wird Sinn für mich real, es drückt auch meine Würde aus und evtl. kann dies auch Sinn-Impuls für andere sein.
Daud Nassar, der Begründer des „Zelt der Nationen“ in der Nähe von Betlehem antwortet z.B. auf die Frage des Lebens, in dem immer mehr Leid um sich greift: „Wir weigern uns Feinde zu sein!“
Die Fragen, die uns das Leben stellt, können wir uns nicht aussuchen. Wir haben aber die Freiheit und unsere Würde fordert deshalb, die uns angemessene Antwort zu finden. Viktor Frankl geht davon aus, dass in jedem Menschen ein Organ ist, das ihm hilft, seine Sinn-Antworten auf die Fragen des Lebens zu finden. Er nennt dieses Organ: Gewissen.
Als Christ glaube ich, dass in diesem Gewissen, das dann mehr ist als Über-Ich und verinnerlichte Moralvorstellungen, die Stimme und der Anruf Gottes vernommen werden kann. Vorausgesetzt ich nehme mir Zeit darauf zu hören. Evtl. sind es ja die kürzeren Tage, die uns einladen auf diese Stimme wieder etwas mehr zu hören und dann für sich Sinn-volle Antworten zu finden.
Dr. Peter Müller, ehemaliger Direktor der Fachakademie für Sozialpädagogik Aschaffenburg