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Dokumentation

„Gottvertrauen schenkt Zuversicht, Mut und Kraft“

Predigt von Weihbischof Paul Reder bei der Pontifikalmesse für Gold- und Diamant-Ehejubilare am Freitag, 5. Juli 2024, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Ehejubilare,

liebe Schwestern und Brüder Christi,

ob der heilige Kilian mit seinen Gefährten vor seinem Aufbruch auch einen Blick in den Nachthimmel zu den Sternen gemacht hat? Für die Überfahrt von ihrer Heimat Irland auf das Festland braucht es mit dem Segelboot mehr als 24 Stunden, und so waren sie zumindest sicherlich auch nachts auf dem Meer unterwegs. Damals gab es für die Navigation nachts nur zwei entscheidende Hilfen: die Erfahrung der Seeleute und die Orientierung an den Sternen.

Welchen Stern die Weisen aus dem Morgenland wohl in den Blick genommen haben, der sie dann zum Aufbruch bewegt hat? Darüber sagt das Evangelium nichts. Die Sterndeuter sagen lediglich: „Wir haben seinen Stern aufgehen sehen.“ Es war also eine Himmelserscheinung, die dazu führte, dass auch sie aufgebrochen sind und einen Weg auf sich genommen haben, von dem sie zunächst nicht wussten, wohin er sie führt.

Die Kiliani-Wallfahrtswoche steht unter diesem Leitwort „Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“. Es war für die Sterndeuter der entscheidende Impuls, den gemeinsamen Aufbruch zu wagen. Wenn Sie sich heute hier im Dom zur Feier Ihres Ehejubiläums versammeln, dann kann sich der Blick auch noch nach 50, 60 oder mehr Ehejahren darauf richten, was für Sie der entscheidende Impuls für Ihr persönliches Jawort war, das am Anfang des gemeinsamen Wegs stand.

Was hat Sie damals zusammen aufbrechen lassen? Was oder wer hat Sie damals bestärkt, einander zu sagen: „Ja, du und nur du – ein Leben lang“? Ich bin mir sicher, die Antworten wären sehr vielgestaltig und unterschiedlich. Aber ohne diesen entscheidenden Anfangsimpuls wären Sie heute nicht hier. Und darum lohnt es sich, zum Jubiläum diesen Moment gemeinsam anzuschauen und darüber ins Gespräch zu kommen.

Was den heiligen Kilian mit seinen Gefährten und die Sterndeuter verbindet, ist die Bereitschaft, ein Wagnis einzugehen. Heute sichern wir uns bestmöglich ab, wenn es auf die Reise geht: Durch Reiserücktrittsversicherung oder Auslandsreisekrankenversicherung versuchen wir, das Wagnis in Grenzen zu halten. Das alles gab es damals nicht. Und so galt es, sich in der Ungewissheit vornehmlich dadurch abzusichern, was als Gepäck mit auf den Weg genommen werden sollte. Diese Entscheidung, miteinander auszuhandeln und zu vereinbaren, was als zielführend erachtet wird, ist auch eine Aufgabe in der ehelichen Partnerschaft – nicht nur am Anfang des gemeinsamen Weges: „Was halten wir für notwendig, damit der gemeinsame Weg gelingt?“ – „Was ist nützlich und was erscheint als unnützer Ballast?“ – „Was hilft uns weiter?“

Der Epheserbrief gibt in der Lesung einige Ratschläge, indem er auf Grundsätzliches hinweist. „Lebt als Kinder des Lichts!” – So heißt eine erste Aufforderung, die darin konkretisiert wird, dass das Licht etwas zum Vorschein bringt und sichtbar macht, nämlich „Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit“. Ohne diese wertvollen Gepäckstücke wird es keinen gemeinsamen Weg geben, der gelingt. Was wäre das für eine Partnerschaft, in der keine Herzensgüte und kein gegenseitiges Wohlwollen als Grundlage spürbar ist? Die Güte ist gleichsam der Leitstern, der das Licht eines neuen Tages anzeigt, wenn Missverständnisse, Misstrauen und mangelnde Wertschätzung die Beziehung in ein nächtliches Dunkel geführt haben. Nur die Erfahrung von Güte führt ins Licht.

Die nächste Empfehlung, die den Kindern des Lichts ans Herz gelegt wird, besteht darin, „Gerechtigkeit“ zu üben. Auch das ist ein Gepäck auf dem Weg, das unerlässlich ist. Das Bild für Gerechtigkeit ist gemeinhin die Waage, die im Lot und Gleichgewicht sein muss. Und das war und ist auch für Sie als Ehepartner eine dauernde Herausforderung. Wie können wir unterschiedliche Interessen ausgewogen miteinander vereinbaren? Wie lassen sich die Herausforderungen und Bedürfnisse von Partnerschaft, Familie und Beruf in Balance halten? Wie kann einer der Persönlichkeit des anderen gerecht werden? Wer sich als Paar diesen Fragen nicht stellt, der gerät leicht in Gefahr, dass – auch angesichts der Belastungen durch die modernen Lebenswelten – aus der Partnerschaft eine einsame Zweisamkeit wird.

Darum hält der Epheserbrief für die Kinder des Lichtes ein weiteres Gepäckstück auf dem Weg für unabdingbar. Paulus sagt: Das Licht bringt „Wahrheit“ hervor. Wahrheit im Alltag wird ja in kleinen Einheiten buchstabiert: Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Offenheit. Aber es gibt ja auch einen größeren Wahrheitsrahmen, in dem die Ehe eingefügt ist. Und zu dieser umfassenderen Wahrheit gehört es, dass es gilt, mit bleibenden Unterschiedlichkeiten umzugehen: die Unterschiede zwischen Frau und Mann, die Unterschiede im Temperament und den Charakteren, die Unterschiede in der Kommunikation und den Lebensphasen. Wenn wir jetzt anfangen würden, uns über Ihre diesbezüglichen Erfahrungen im Einzelnen auszutauschen, wäre eine Kiliani-Woche wohl zu wenig, um ans Ende zu kommen. Denn jede und jeder von Ihnen ist nach so vielen gemeinsamen Jahren ein Unterschiedlichkeits-Experte.

„Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“ haben vor 2000 Jahren Experten in der Sterndeutung gesagt und sind aufgebrochen. Sie haben in Jesus Christus den gefunden, der uns auf neue Weise mit der Güte und Menschenfreundlichkeit, der Gerechtigkeit und Wahrheit Gottes vertraut gemacht hat. Ich wünsche Ihnen die Erfahrung der Sterndeuter und des heiligen Kilian mit seinen Gefährten: dass Gottvertrauen immer wieder Zuversicht, Mut und Kraft schenkt, Ihren Weg – bei allem Wagnis – gemeinsam als Kinder des Lichts zu meistern. Amen.